Pflegegrade - Alles was Sie wissen sollten

Die Pflegegrade entscheiden darüber, welche Zuschüsse Pflegebedürftige durch die Krankenkasse erhalten. Mit zunehmender Bedürftigkeit steigt auch die Höhe der Pflegeleistungen. Dabei indiziert Pflegegrad 5 die stärkste Pflegebedürftigkeit und Pflegegrad 1 die niedrigste. Wie die verschiedenen Pflegegrade aber genau definiert werden, wie Sie einen Pflegegrad erhalten, und welche finanziellen Unterstützungen Ihnen zustehen, erfahren Sie in diesem Artikel.

Aktualisiert :

July 7, 2022

Definition aller Pflegegrade

Seit Anfang 2017 wurde mit den Pflegegraden eine neue Definition für Pflegebedürftigkeit eingeführt. Die Pflegegrade ersetzen seitdem die bisherigen Pflegestufen. Die Idee hinter der Neudefinition war, psychische und kognitive Einschränkungen stärker zu berücksichtigen, da mit den Pflegestufen hauptsächlich die körperliche Einschränkungen bewertet wurden.

Pflegegrad 1 beschreibt dabei den niedrigsten Grad an Pflegebedürftigkeit und Pflegegrad 5 den höchsten. Die Bewertung für die jeweiligen Pflegegrade und die damit zusammenhängenden Pflegebedürftigkeit erfolgt durch einen Gutachter des Medizinischen Dienstes und einem Punktesystem mit einer Skala von 0-100 Punkten, welches die Einschränkungen in sechs verschiedenen Lebensbereichen bewertet.

Pflegegrad 1

Der Pflegegrad 1 wird pflegebedürftigen Menschen zugesprochen, sobald ihnen vom Gutachter des Medizinischen Dienstes eine “geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit” nachgewiesen werden kann. Das heißt diese Person ist im Alltag nur geringfügig eingeschränkt und benötigt daher nur einen geringen Hilfebedarf. Für Pflegegrad 1 müssen die Punkte zwischen 12,5 und 27 liegen. 

Pflegegrad 2

Personen werden dem Pflegegrad 2 dann zugeordnet, wenn sie eine "erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit" vorweisen. Dies bedeutet, dass diese Personen ihren Alltag in sämtlichen Lebensbereichen nur erheblich eingeschränkt bewältigen können. Bei dem neuen Punktesystem müssen mindestens 27 und höchstens 47,5 Punkte vom Gutachter ermittelt werden, um in den Pflegegrad 2 eingeteilt zu werden. Pflegebedürftige welche ehemals der Pflegestufe 1 zugeordnet wurden, wurden im Jahr 2017 automatisch in den Pflegegrad 2 eingeordnet.

Pflegegrad 3

Pflegebedürftige die in ihrer Selbstständigkeit schwer beeinträchtigt, und ihren Alltag somit nur schwer alleine bewältigen können, werden seit 2017 dem Pflegegrad 3 zugeordnet. Demenzkranke, die zuvor in Pflegestufe 1 als auch Pflegestufe 2 gefallen sind, sind nun automatisch Pflegegrad 3 zugeteilt. Die betroffene Person erhält Pflegegrad 3 vom Gutachter, wenn zwischen 47,5 und 70 Punkte ermittelt werden. 

Pflegegrad 4

Pflegegrad 4 beschreibt die „schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“ von Pflegebedürftigen. Personen mit Pflegegrad 4 benötigen meist Unterstützung im Alltag und bei der Grundversorgung in hohem Maße. 

Pflegebedürftige Personen die vor 2017 zu Pflegestufe 2 mit eingeschränkter Alltagskompetenz oder Pflegestufe 3 eingestuft wurden, wurden danach automatisch Pflegegrad 4 zugewiesen. Für Pflegegrad 4 ist nun eine Punktezahl zwischen 70 und 90 notwendig.

Pflegegrad 5

Pflegegrad 5 beschreibt das höchste Level aller Pflegegrade. Pflegegrad 5 wird Personen zugeordnet die „schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen für die pflegerische  Versorgung“ haben. Für Pflegegrad 5 ist die höchstmögliche Anzahl an Punkten notwendig, dabei muss die Punktezahl zwischen 90 und 100 Punkten liegen.  

Vorbereitung auf Begutachtungstermin des Medizinischen Diensts

Durch die Pflegebegutachtung wird ermittelt, zu welchem Grad eine Person pflegebedürftig ist. Anhand des bereits erwähnten Punktesystems und der darin eingebundenen Kriterien prüft ein Gutachter dann während des Termins inwiefern die betroffene Person pflegebedürftig ist. Die pflegebedürftige Person und eine angehörige oder freiwillig unterstützende Person sollten sich gut auf diesen Termin vorbereiten, da sich die Pflegekasse nur auf die Ergebnisse des Gutachters stützt. 

Glaubwürdige Darstellung des Pflegealltags

Wichtig ist dabei vor allem, dass eine weitere Person, neben der pflegebedürftigen Person, dabei ist, welche mit der Situation vertraut ist. Diese Person sollte daher auch darauf achten, dass sich die pflegebedürftige Person für den Termin nicht verstellt, der Gutachter sollte einen glaubwürdigen Eindruck Ihres Pflegealltags bekommen. Dabei sollte auch das Wohnumfeld nicht verändert werden. Zudem sollten in jedem Fall die Fragen des Gutachters ehrlich beantwortet werden, auch wenn es eventuell beschämend oder peinlich für die pflegebedürftige Person sein könnte. 

Denn nur wenn alle Einschränkungen offen angesprochen und gezeigt werden, erhält die pflegebedürftige Person ihren gerechten Pflegegrad.

Mit Begutachtungskriterien vertraut machen

Um den Pflegegrad zu bestimmen werden der betroffenen Person und der anwesenden betreuenden Person vom Gutachter Fragen aus einem offiziellen Fragenkatalog gestellt. Es macht daher Sinn sich möglichst früh und intensiv mit dem Fragebogen auseinanderzusetzen um möglichst präzise erklären zu können, in welchen Bereichen die Selbstständigkeit besonders eingeschränkt ist. 

Sehr hilfreich ist zudem frühzeitig ein Pflegetagebuch zu führen. Dieses kann bei der zuständigen Krankenkasse angefragt werden. Mithilfe des Pflegetagebuch kann die unterstützende Person zum einen die Entwicklung der Einschränkungen ideal dokumentieren und zum anderen können detaillierte Angaben an den Gutachter weitergegeben werden. 

Auf welche Dinge bei der Vorbereitung auf den Termin außerdem geachtet werden sollte, kann man in auf der offiziellen Website des medizinischen Dienstes erfahren.

Wichtige Unterlagen zusammentragen

Die angehörige oder betreuende Person sollte sich vor dem Begutachtungstermin versichern, dass alle nötigen Unterlagen parat liegen. Es sollte von allen Dokumenten, die wichtig sein könnten, Kopien gemacht werden. Dazu gehören medizinische Dokumente, ärztliche Verordnungen, Arztberichte und Bescheinigungen, und alles was noch wichtig erscheint. Selbst über Allergien und Unverträglichkeiten oder Pflegehilfsmittel sollte der Gutachter informiert werden, da dies auch den Pflegeaufwand erhöhen kann. Eine Liste über behandelnde Ärzte, Arzttermine und Behandlungen kann auch hilfreich sein.

Finanzielle Unterstützung und Leistungen für die jeweiligen Grade

Die Pflegegrade bestimmen, welche Leistungen und finanzielle Unterstützungen Betroffene durch die zuständige Pflegekasse erhalten. 

Wichtig zu beachten ist jedoch, dass von einer nahestehenden Person des Pflegebedürftigen so früh wie möglich ein Antrag auf Pflegeleistungen und finanzielle Unterstützung gestellt werden sollte. Denn ab dem Tag der Einreichung des Antrags hat die versicherte Person, auch rückwirkend, Anspruch auf finanzielle Unterstützungen. Mit steigendem Pflegegrad und Pflegebedürftigkeit, steigt auch die Höhe der Geld- und Sachleistungen und auch zwischen stationärer und häuslicher Pflege wird unterschieden. Die Zuschüsse für Kurzzeit- und Verhinderungspflege unterschieden sich von Pflegegrad 2 bis 5 jedoch nicht. 

Falls Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2-5 eine professionelle Kurzzeitpflege benötigen, beläuft sich der Zuschuss auf maximal 1.774€ jährlich unabhängig vom Pflegegrade.

Bei einer Verhinderungs- oder Urlaubspflege beläuft sich der jährliche Zuschuss auf 1.612€ für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2-5. 

Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 werden bei beiden Zuschüssen nicht berücksichtigt! Man sollte sich also unbedingt nochmal intensiv darüber informieren, welche Unterstützungen und Leistungen der pflegebedürftigen Person zustehen.

Pflegegrad 1

Personen die dem Pflegegrad 1 zugeordnet werden haben keinen Anspruch auf Pflegegeld bei der Pflege durch Angehörige oder auf Pflegesachleistungen bei der Versorgung durch einen professionellen ambulanten Pflegedienst. Grund dafür ist, dass sie den Alltag meist noch selbstständig bewältigen können. 

Wichtig zu beachten ist jedoch, dass Menschen mit Pflegegrad 1 trotzdem 125€ monatlich für Betreuungs- und Entlastungsleistungen erhalten. Und zudem einen Zuschuss von bis zu 4.000 Euro bei der Pflegekasse beanspruchen können, dieser kann auch bei steigendem Hilfebedarf und neuen Umbaumaßnahmen erneut gewährt werden. 

Beide Leistungen stehen pflegebedürftigen Menschen aller Pflegegrade zu.

Pflegegrad 2

Wenn Pflegebedürftigen ein Pflegegrad 2 zugesprochen wird, haben diese Anspruch auf Pflegegeld bei häuslicher Pflege durch Angehörige oder Nahestehende sowie auf Pflegesachleistungen bei einer Versorgung durch einen ambulanten Pflegedienst, sowie auf Zuschüsse zur Tages- und Nachtpflege, Kurzzeit- und Verhinderungspflege und zur vollstationären Pflege.

Bei Pflegegrad 2 beläuft sich das monatliche Pflegegeld bei einer häuslichen Pflege durch nahestehende Personen auf 316€.

Die monatlichen Pflegesachleistungen belaufen sich seit Januar 2022 auf 724€ statt 684€, welche die ambulante Pflegedienste direkt mit der zuständigen Krankenkasse abrechnen. 

Früher entsprachen die Leistungen für Tages- und Nachtpflege den Pflegesachleistungen, da aber nur die Pflegesachleistungen erhöht wurden, erhalten Menschen mit Pflegegrad 2 für Tages- und Nachtpflege als teilstationäre Pflegeleistungen monatlich 689€.

Betroffene mit Pflegegrad 2 erhalten bei einer vollstationären Pflege, beispielsweise im Altersheim, außerdem auch einen Zuschuss von 770€ monatlich.

Pflegegrad 3 

Pflegebedürftige mit Pflegegrad 3 erhalten die gleichen Zuschüsse wie pflegebedürftige Menschen mit Pflegegrad 2. Jedoch erhöht sich der jeweilige Geldgehalt.

Bei Pflegegrad 3 beläuft sich das monatliche Pflegegeld bei einer häuslichen Pflege durch nahestehende Personen auf 545€.

Die monatlichen Pflegesachleistungen belaufen sich seit Januar 2022 auf 1.363€ statt 1.298€

Menschen mit Pflegegrad 3 erhalten für eine Tages- und Nachtpflege als teilstationäre Pflegeleistung monatlich 1.298€ als Zuschuss.

Außerdem erhalten Betroffene mit Pflegegrad 3 bei einer vollstationären Pflege einen Zuschuss von 1.262€ monatlich.

Pflegegrad 4

Beim Pflegegrad 4 erhöht sich das Pflegegeld und die Pflegesachleistungen im Vergleich zu Pflegegrad 3 erneut.

Bei Pflegegrad 4 beläuft sich das monatliche Pflegegeld bei einer häuslichen Pflege durch angehörige Personen auf 728€.

Die monatlichen Pflegesachleistungen belaufen sich auf 1.693€ statt zuvor 1.612€

Personen mit Pflegegrad 4 erhalten für die Tages- und Nachtpflege monatlich 1.612€ als Zuschuss.

Bei einer vollstationären Pflege erhalten Betroffene mit Pflegegrad 4 außerdem einen Zuschuss von 1.775€ pro Monat.

Pflegegrad 5

Pflegegrad 5 ist der Höchste aller Pflegegrade, daher sind hier auch die Zuschüsse am höchsten, da die betroffenen Personen meist intensive Pflege benötigen und sich daher auch die Kosten schnell erhöhen könne.

Personen mit Pflegegrad 5 erhalten ein monatliches Pflegegeld bei einer häuslichen Pflege durch angehörige Personen von 901€.

Die monatlichen Pflegesachleistungen belaufen sich bei Pflegegrad 5 auf 2.095€ statt bisher 1.995€.

Personen mit Pflegegrad 5 erhalten für die Tages- und Nachtpflege außerdem monatlich 1995€ als Zuschuss. 

Bei einer vollstationären Pflege erhalten Betroffene mit Pflegegrad 5 einen Zuschuss von 2.005€ pro Monat.

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